Zusammenhalt, Zeitdruck, Digitalisierung – passt das zusammen?

von | 7. Mrz. 2022

Die Welt ist vernetzter denn je – auch im Lieferverkehr macht sich das bemerkbar. Digitale Medien üben einen großen Einfluss auf den Trucker-Alltag aus – auf die Arbeit, aber auch auf den Umgang miteinander. Unsere Unermüdlichen berichten.

Ein schallendes „Di-Ding!“, ein vibrierendes „Bsss“ oder einfach nur ein stummgeschaltetes, aber dennoch bemerkbares Aufleuchten des Displays: Man kennt das. Es gibt so Tage, da hört das Smartphone kaum auf, sich mit Nachrichten, Push-Notifications oder sonstigen Mitteilungen zu melden.

Es war noch nie so leicht, Kontakt zueinander aufzunehmen. Gleichzeitig war es aber auch noch nie so schwierig, einfach mal abzuschalten. Unerreichbar zu sein ist nicht mehr der Standard, sondern die Ausnahme. Zumindest wirkt es oft so.

„Die Zeit und die Digitalisierung hat uns verändert“, findet Markus Trojak von den Unermüdlichen. Der Trucker ist schon seit vielen Jahren auf den Autobahnen der Welt unterwegs, wie auch sein Vater schon vor ihm.

Er weiß genau, was es bedeutet, als Trucker nicht rund um die Uhr erreichbar zu sein: „Ich kenn das noch aus meinen Anfängen. Wenn du früher unterwegs warst, da hatte nicht jeder LKW ein Telefon. Da bist du sonntagabends los, hattest den Auftrag für deine Tour, und wenn was Dramatisches war, haben die bei der Abladestelle angerufen“, erinnert sich Markus: „Da hattest du die ganze Woche über nichts gehört.“

Heute ist das ganz anders: „Ich hab ein Firmenhandy, GPS, kriege mobil Aufträge.“ Der Tag ist voller geworden: „Wenn du früher nach Blatt gefahren bist, hattest du Zeit.“

Gerade an Letzterem fehlt es heutzutage merklich. Enge Zeitpläne stehen an der Tagesordnung, man hat kaum Minuten übrig. „Früher haben wir gesagt, wir fahren zu fünft, alle Richtung München, machen unterwegs mal zusammen Pause, trinken Kaffee – da ist keine Zeit mehr für. Heute fährst du am eigenen Kollegen vorbei, weil da keine Zeit für ist“, berichtet Markus.

Dass man nun vernetzter, aber einsamer ist, das will Markus nicht sagen: „Früher war das Telefonat so teuer, dass du nicht angerufen hast“, so der Trucker. Dieses Problem gäbe es heute nicht mehr. Man könne jetzt wunderbar in Konferenzschaltung mit Kollegen sprechen, um wach zu bleiben und Blödsinn zu erzählen.

Doch Angesicht zu Angesicht – das wird seltener: „Das ist vielleicht ein bisschen überspitzt, hier und da nimmt man sich die Zeit“, so Markus. Aber: „Wenn ich neun Stunden Pause habe und dann weiter muss – da bin ich froh, wenn ich in der Zeit gegessen, geduscht und noch meine Papiere gemacht habe und sechs Stunden Schlaf kriege.“ Auch Freundschaften in der Branche leiden unter der engen Taktung: „Früher hattest du 25 Leute, heute sind es vielleicht sieben oder acht, mit denen man sich privat trifft.“

Die Ausnahme seien allerdings Veranstaltungen, die Markus mit seinen Kollegen beliefert. Hier wird auf Teamwork geachtet – und die Atmosphäre verändert sich dementsprechend. Da sitzt man abends dann doch mal eher zusammen: „Oft sind Fahrer Einzelkämpfer. Auf Veranstaltungen sind wir aber manchmal 17, 18 Fahrer. Da musst du zusammenarbeiten. Mit 15 Alpha-Tieren, das geht nicht.“

Wo die digitale Welt helfen kann

Auch die Unermüdliche Helga hat so ihre Erfahrungen mit der Digitalisierung und der Kameradschaft untereinander gemacht. Auch sie bemängelt den Zeitmangel – und dass man heutzutage öfters doch recht allein auf Rastplätzen steht. „Wir müssen alle etwas besser aufeinander aufpassen“, findet Helga – auch in Bezug auf die Sicherheit auf Stellplätzen.

Allerdings hat Helga auch schon positive Erfahrungen gemacht. Gerade in Sachen Hilfsbereitschaft kann sie von schönen Erlebnissen erzählen. „Ich hab einmal einen kaputten Reifen gehabt. Das war irgendwo auf der Autobahn“, erinnert sie sich. Doch dank Postings in den sozialen Medien wurden Mitfahrer auf das Problem aufmerksam – und kamen zur Hilfe: „Der Reifen hat sich ziemlich gewehrt, der Ersatzreifen hat sich auch gewehrt. Am Ende haben wir ihn zu viert gewechselt“, so Helga.

Die Wege sind kürzer geworden: „Früher, wenn du in der Klemme warst, hast du angefangen zu telefonieren. Hast gefragt: Wer ist in der Nähe? Das brauchst du jetzt nicht mehr“, so Helga. Verschiedene Messenger-Gruppen vernetzen die Trucker auch untereinander: „Um zwei Uhr morgens haben wir mit leerer Batterie noch rumgeschrieben in der WhatsApp-Gruppe, ob jemand mit Starter-Kabel in der Nähe ist. Um 07:00 Uhr kam ein Wildfremder an und hat geholfen. Die Hilfsbereitschaft ist schon da.“

Wie seht ihr das? Hat sich die Hilfsbereitschaft in der Trucker-Community eurer Meinung nach verbessert? Oder ist es schwieriger geworden? Welche Rolle spielt Zeitdruck für euch? Erzählt es uns in den Kommentaren!

Fotonachweis: © Adobe Stock Suriyan | bernardbodo

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