Fahrermangel in Deutschland – Ein Blick auf die Probleme


von | 10. Okt. 2022

Die Menschen bestellen heutzutage viel online. Daran merken auch branchenferne Beobachter, wie hoch der Bedarf an Berufskraftfahrern sein muss. Doch viele machen sich dennoch wenig Gedanken über die Zusammenhänge zwischen (Konsum-)Bedarf und der tatsächlichen Logistikkette, die dahinter steckt.

Hauptsache, alles steht immer und überall verfügbar in den Regalen. Wie die Sachen dahin kommen? „Ja, irgendwie wird das schon gemacht“, denken sich manche. Doch genau dafür sind viele Hände nötig, die anpacken und ineinander greifen.



Gravierender Fahrermangel

Der Bedarf ist da, aber der Nachwuchs nicht. Jährlich gehen etwa 30.000 Berufskraftfahrer in den verdienten Ruhestand, während nur zwischen 13.000 und 17.000 nachrücken (Quelle: zdf.de).

Nimmt man die Quereinsteiger raus und betrachtet die Zahl derjenigen, die eine klassische Ausbildung zum Berufskraftfahrer begonnen haben, ergab sich laut eines Reports des Portals „Jobmatch“ im Jahr 2020 eine Zahl von nur 3.075 Nachwuchskräften.

Die Auszubildenden gleichen die Ruheständler also offensichtlich nicht aus. Der BGL hat im Oktober 2021 Zahlen ermittelt, die von ca. 80.000 fehlenden Fahrern sprechen.

Doch was sind die Gründe – und was kann man tun?



Schlechtes Image aufpolieren

Laut des Jobmatch-Report ist ein schlechtes Image des Berufs ein wichtiger Grund, dass es an Nachwuchs fehlt. Was spielt da rein? Die fehlende Wertschätzung, die Selbstverständlichkeit, mit der wir bisweilen behandelt werden?

Leider ist das manchmal die Wahrheit, aber bei weitem nicht überall. Viele Geschäftspartner und Kunden sind sehr herzlich, verständnisvoll und wissen um unsere Probleme, auf die wir im Job treffen.

Aber warum liegt ein so schlechtes Image auf unserem Beruf? Es ist ein Beruf, den die Gesellschaft viel mehr wertschätzen müsste, denn Fahrer halten den Laden an so vielen Ecken und Enden zusammen.

Was tun?

Höchste Zeit, die Attraktivität zu erhöhen! „Nur fahren“ gehört schon lange nicht mehr zum Beruf. Man muss zum Ausüben des Jobs technisch richtig was auf dem Kasten haben, denn allein die Fahrerkabine im modernen LKW will richtig beherrscht werden. Manch einer wagt gar den Vergleich mit einem Flugzeugcockpit, denn inzwischen ist im LKW vieles automatisiert und digitalisiert.

Das bedeutet natürlich einen höheren Fahrkomfort, aber fordert eben auch erhöhtes technisches Verständnis. Jungen Menschen muss vermittelt werden, dass der Fahrerberuf trotz zunehmender Automatisierung nicht überflüssig werden wird. Denn diese Sorge stoppt einige bei der Berufswahl.

Und die Bezahlung?

Hier ist noch Luft nach oben, jedoch tut sich was in Sachen Gehalt. Jobmatch erklärt: Zwischen 2.650,- € und 2.800.- € brutto wurden im Jahr 2021 durchschnittlich monatlich gezahlt, was immerhin eine Steigerung zwischen vier und zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr beinhalte. Die Bezahlung führt laut Report allerdings nach wie vor zu Unzufriedenheit bei ca. 90 % der befragten LKW-Fahrer.

Dazu kommen lange Arbeitszeiten und manchmal schlecht planbare Freizeitaktivitäten durch den Einsatz fernab der Heimat. Hier muss es möglich gemacht werden, die Wogen zu glätten und besser zu planen. Lange Wartezeiten an Laderampen lassen die Work-Life-Balance leiden.

Der entstehende Zeitdruck stresst ungemein, führt zu Unkonzentriertheit und schließlich Unzufriedenheit. Wenn nun zumindest der Arbeit- oder Auftraggeber den Rücken des Fahrenden stärkt, ist schon sehr viel gewonnen. Wenigstens untereinander müssen wir als ein Team auftreten, das an einem gemeinsamen Strang ziehen.

Bei Problemen an Ladestellen etwa sollte der Arbeitgeber des Fahrers ein offenes Ohr haben und es nicht als „sein Bier“ abtun. „Für Arbeitgeber ist es von Vorteil, die fehlende gesellschaftliche Wertschätzung der Fahrer im eigenen Betrieb zu kompensieren und einen respektvollen und unterstützenden Umgang zu pflegen“, so eine wichtige Aussage des großen Jobmatch-Reports.

Stressfaktoren erkennen und mindern

Ein sehr großer (hoffentlich bald vermeidbarer) Stressfaktor ist die Parkplatzsuche. Mehr Parkmöglichkeiten werden aktuell geschaffen, noch reichen sie aber nicht überall aus. Aber: Es kommt langsam was ins Rollen, etwa mithilfe digitalisierter Parkplatzsuche, wie bereits hier auf dem Blog berichtet.

Andere Verkehrsteilnehmer sowie hohes Verkehrsaufkommen bilden weitere Stressfaktoren. Mehr Menschen müssen sensibilisiert werden, LKW-Fahrern mit Respekt und Geduld zu begegnen.

Denn wir erinnern uns: Die meisten unserer Güter haben zu irgendeinem Zeitpunkt Kontakt mit einer LKW-Ladefläche. Wir sind für alle unterwegs – meistens gern und mit Leidenschaft, denn auf die kleine Freiheit, die die Arbeit im Truck eben auch bedeutet, möchten viele meiner Kolleginnen und Kollegen hinterm Lenkrad um nichts in der Welt verzichten. Denn trotz der Missstände und Probleme liebe ich meinen Beruf und werde mich immer für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen einsetzen!

Fotonachweis: © Adobe Stock Milton Oswald | Africa Studio

Betreffen euch die Probleme rund um den Fahrermangel?

1 Kommentar

  1. Ich denke, viele wollen nicht mehr auf den Bock, weil viele Lagerarbeiter meinen, sie können sich wie eine Rampensau gegenüber den Fahrern benehmen….

    Antworten

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Das könnte Dich auch interessieren: