Eskapaden im Truck Simulator

Schon seit einiger Zeit schreibe ich hier auf dem Blog über Themen rund um und über Lastkraftwagen. Doch wie es ist, am Steuer so eines Gerätes zu sitzen, weiß ich leider nicht. Da mich berechtigterweise niemand einfach mal so an das Lenkrad seines Trucks lassen wird, habe ich mich einfach mal in den Euro Truck Simulator 2 gestürzt – denn zumindest mit Videospielen kenn ich mich ganz gut aus. Dachte ich jedenfalls. Denn entweder, meine Gaming-Fähigkeiten sind deutlich schlechter, als ich dachte – oder ich bin in der Tat vollständig ungeeignet, einen LKW von A nach B zu steuern. Unser Unermüdlicher Markus steht aber mit hilfreichen Tipps und Einschätzungen bereit! Ein Erlebnisbericht.
Mit Keyboard und Maus durch Hannover
Viele Leute stehen ja auf klassische Retro-Trucks, hab’ ich gehört. Da passt es, dass auch mein Laptop, über den ich den „Euro Truck Simulator 2“ starte, schon ein wenig „Erfahrung gesammelt“ hat. Doch die etwas in die Jahre gekommene Mühle ist immer noch in der Lage, den Simulator zu bewältigen, wie ich nach der Installation feststellen durfte. Nur auf die besonders schicken Updates, die den Simulator seit Jahren mit neuen Inhalten versorgen, verzichte ich erstmal lieber – ebenso, wie auf die höchsten Grafikeinstellungen. Dennoch: Die erste Hürde ist genommen und mein PC ist bereit. Die entscheidende Frage: Bin ich es auch?
Die erste Auswahlmöglichkeit bekomme ich direkt mit der Art der Steuerung. Ich kann zwischen einfacher Automatik, echter Automatik, Sequentiell oder H-Schaltung wählen. Effektiv will das Spiel hier vor allem wissen, ob ich eine klassische Tastatur oder einen abgefahrenen Mehrfach-Schaltgetriebe-Lenkrad-Controller nutzen möchte. Möchten tu’ ich schon, besitzen tu’ ich ihn allerdings nicht. Mit Tastatur und Maus bewehrt stürze ich mich also in die Aufgabe.
Als erstes muss ich mir den Standort des neu zu gründenden Fahrer-Unternehmens aussuchen. Ich wähle das gute, alte Hannover – da kenn ich mich schließlich aus. Direkt tauchen am Horizont auch Gebäude wie der Fernsehturm, das Rathaus oder die Marktkirche auf. Von welchem Ort in der Stadt die Skyline so aussieht, wie sie von meinem neuen Unternehmensstandort dargestellt wird, kann ich mir kaum vorstellen. Heimisch fühl’ ich mich trotzdem direkt, denn meine neue Transportfirma „Unermüdlich Tours“ hat ihr neues Zuhause gefunden. Was übrigens im realen Leben gar nicht so einfach ist, wie mir unser Unermüdlicher Markus erzählt. Den habe ich nämlich gleich zu mehreren Dingen befragt, die mir im Simulator untergekommen sind.
Markus’ Realitäts-Check
„Du musst erstmal einen Platz haben, wo du einen 40-Tonner abstellen darfst, beispielsweise wegen der Geräusche und Abgase. Das ist gar nicht so einfach.“
Sieht aus, als würde meine Garage diese Anforderungen erfüllen, denn „Unermüdlich Tours“ holt direkt den ersten Auftrag an Land. Da mir aber noch die Mittel für einen eigenen LKW fehlen, soll ich als Angestellter für andere Speditionen loslegen. Ganz konkret muss ich Traktoren für „Tree-ET“ zur Entladestelle bringen. Dafür bekomme ich von einem Arbeitgeber eine Zugmaschine, sowie die Zahlung sämtlicher Spesen. Das ist aber nett! Man merkt: Hier soll man erstmal lernen, wie das Spiel eigentlich läuft. Das betont auch unser Unermüdlicher Markus, als ich ihn fragte, ob der Start in die LKW-Fahrer-Karriere wirklich so einfach abläuft: Garage hinbauen, Auftrag annehmen, losfahren? Klare Sache: Eher nicht.
Markus’ Realitäts-Check
Normalerweise startest du als angestellter LKW-Fahrer und träumst davon, ein eigenes Auto und Unternehmen zu haben. Man hat in der Regel keine 100.000 Euro übrig, um einen LKW zu kaufen. Also macht man erstmal die Berufskraftfahrerlehre und bildet sich weiter. Dafür musst Du auch erstmal eine Stelle finden. Dann gibt es eine Sach- und Fachkunde-Prüfung, was übrigens heftig ist, wenn Du lernen musst und nebenher normal arbeitest.
Man muss Bescheid wissen über die rechtliche Lage, Lenk- und Ruhezeiten, Arbeitszeitgesetze, Zollgesetze und alles, was damit irgendwie zu tun hat. Dann musst Du Kalkulationen machen. Du brauchst finanzielle Rücklagen für den LKW und Auflieger, Du musst eine Lizenz beantragen. Dann kommen Fragen wie Steuern, Versicherungen, Tankkarte, das Finden von Auftraggebern, der Aufbau eines Netzwerks und mehr dazu. Das sind alles Dinge, die Du machst, bevor Du den ersten Kilometer läufst.
Uff, kann ich da nur sagen. Ist vermutlich ganz gut, dass der Simulator all die dokumentarischen Schritte der Selbstständigkeit direkt mal überspringt, sonst wäre ich vermutlich umgehend überfordert. Im Truck Simulator geht es dagegen recht schnell, dass man zum ersten Mal hinter dem Steuer sitzt. Und ganz ehrlich: Selbst das hat mich schon mal vor eine ordentliche Herausforderung gestellt.
König der virtuellen Straße? Naja …
Meine mächtige Zugmaschine aus der eigentlich gar nicht so engen Ausfahrt herauszubewegen, erweist sich als tückischer, als ich dachte. So ein Truck, der obendrein noch ein paar Trecker geladen hat, fährt sich dann doch irgendwie schwieriger als mein gewohnter Kleinwagen. Dabei habe ich sogar Vorteile, die es im echten Leben nicht gibt. So kann ich aus der Cockpit-Ansicht beispielsweise in eine Vogelperspektive schalten. Besser als jede Bordkamera. Das hilft zwar, aber nicht genug.
Long story short: Anstatt geschmeidig um die Ecke zu sausen, bleibe ich erst am Bordstein, dann an der Wand und letztlich im Grünstreifen hängen. Wütend hupt mich ein Auto von der Seite an, während ich versuche, mein Desaster wieder auszubügeln – und mich gleichzeitig frage, ob dieses Problem wohl auch echte angehende Fahrer kennen.
Markus’ Realitäts-Check
Ich bin ja ein Kind vom Lande, mein Vater ist immer LKW gefahren. Und ich kenne das, seit ich im LKW sitzen kann und mit den Füßen an die Pedale komme. Deswegen bin ich da vielleicht ein schlechter Wegweiser. Aber Fakt ist: Beim LKW-Fahren gibt es einige Eckpunkte, die man sich von alten Hasen abgucken muss. Ganz wichtig ist, dass man die ersten paar Tage mit Profis mitfährt und sich ein paar Kniffe abschaut. „Wo muss man genau gucken?“, zum Beispiel. Eine Faustregel ist: Bist Du mit einem Dreiachser-Auflieger mit der Mittelachse an der Ecke, um die Du herum willst, dann läufst Du innen nicht mehr gegen. Funktioniert immer.
Das merke ich mir auf jeden Fall für meinen nächsten Versuch. Doch so langsam komme ich rein in die Geschichte. Klar, ich überfahre dauernd rote Ampeln, lande in weiteren Grünstreifen und mit einem Ortsschild legt sich mein Wagen auch noch an. Außerdem gerät ein kleiner Wagen zwischen meinen Laster und ein Feuerwehrauto – was in der realen Welt wohl auch ein Problem wäre. In solchen Fällen, bei denen es einfach nicht mehr weitergeht, darf man sich im Spiel übrigens Abschleppen lassen, was Geld kostet … oder man lädt einfach den letzten Spielstand nochmal.
Apropos Probleme: Über etwaige Demolierungen werde ich in einer kleinen Anzeige unten rechts dauernd informiert. Gemeldet werden Schäden an Zugmaschine, Auflieger oder Ladung. Gibt es das auch im realen Leben in dieser Form?
Markus’ Realitätscheck
Es gibt beispielsweise Anzeigen, die temperaturgeführte Fracht überprüfen. Etwa bei Medikamenten, wenn es um Kühlketten geht. Was ich jetzt nicht kenne, ist eine Schadensanzeige. Jeder LKW-Fahrer weiß, was am Auflieger kaputt ist, oder am Fahrzeug. Denn in der Regel war er es selber – oder er war dabei.
Gleichzeitig hat die Anzeige auch noch Faktoren wie Geschwindigkeit, Gang, Kraftstoffanzeige, aber auch E-Mails, Kontostand, Uhrzeit und Müdigkeit im Angebot. Das sind alles Dinge, die man im Spiel im Blick behalten muss, um erfolgreich zu agieren – wie übrigens auch im echten Leben.
Endgegner Einparken
Darum kümmere ich mich als blutiger Anfänger aber erstmal überhaupt nicht. Schaden hin, Schaden her, am Ende komme ich am Zielort an (bitte nicht im echten Leben nachmachen, das ist ein furchtbares Motto). Super, denke ich, Auftrag erledigt. Richtig? Falsch! Das Schlimmste kommt erst noch: Nämlich das Einparken. Und auch hier merke ich, wie schwierig es ist, ein so großes Gerät vernünftig zu lenken. Klar, ich könnte das jetzt einfach auf die im Vergleich zum Lenkrad ungenaue Steuerung mit der Tastatur schieben. Doch ganz ehrlich: Ich weiß genau, wenn ich auf engem Raum einen echten LKW einparken müsste, gäbe es Probleme.
Praktischerweise liefert der Truck-Simulator auch die Möglichkeit, den lästigen Einparkvorgang einfach zu überspringen. Dann gibt es zwar keine Erfahrungspunkte, aber der Auftrag ist zumindest durch. Ein Luxus, den reale Fahrer nicht haben – oder?
Markus’ Realitäts-Check
„Einparken“ ist im Grunde das gleiche Problem wie „Rausfahren“. Das muss man einfach lernen. Überspringen ist natürlich nicht. Obwohl: Wenn denen das zu lange dauert, dann kommt vielleicht ein Kollege, der sagt: „Pass mal auf, mein Freund. Komm’ raus, ich kann mir das nicht mehr ansehen. Ich fahr’ dir das Ding eben dran.“
Ich hatte da mal Glück: Ich hab’ auf dem Sattel Fahrschule gemacht und musste Gliederzug fahren. Gleich zu Anfang sollte ich beim Supermarkt an die Rampe. Da hast Du rechts und links 40 Zentimeter zwischen den Fahrzeugen und vor der Rampe genau so viel Platz, dass Du einmal ganz aufziehen kannst. Da hat sich dann ein älterer Kollege zehn Minuten angesehen, wie ich schweißgebadet und immer hektischer wurde. Der klopfte dann an mein Auto und sagte: „So, Motor aus, zwei Minuten durchatmen.“ Dann stellte er sich auf den Tritt und meinte „Ich zeig’ Dir jetzt, dass Du das Ding da rückwärts ranfahren kannst.“ Ich meinte, ich bezahl’ ihm alles, was ich habe, aber er soll’s mir nur ranfahren – wo er meinte, das nützt mir nichts, wenn ich morgen wieder fahren muss.
Markus erzählt, dass ihm am Ende gezeigt wurde, dass man solche Vorgänge lieber in Ruhe, als möglichst schnell erledigt (und immer nur beim Fahren lenkt, nicht im Stand!). Auch das schreibe ich mir für meine nächste Simulator-Runde auf. Zum Schluss des Auftrags gibt es übrigens das erste Mal Geld und kurz darauf die Möglichkeit, die nächste Aufgabe anzunehmen. Meine bisherigen Eskapaden fanden auf einer monumentalen Strecke von vier Kilometern innerorts statt – diesmal soll ich von Hannover nach Hamburg. Diese Strecke dauert im Spiel übrigens etwa zehn bis 15 Minuten. Man fährt nicht die komplette Tour, sondern einen kleineren Maßstab. Wäre das im echten Leben doch auch so!
Und so langsam merke ich wirklich, dass ich weniger Probleme beim Fahren habe. Was aber auch daran liegt, dass neben mir kaum Verkehr auf den Straßen ist. Ich nehme an, das Spiel will es mir als Anfänger erstmal noch leicht machen. Denn in der Realität kommt es doch eher weniger vor, dass man zwischen Hannover und Hamburg maximal zehn Fahrzeuge sieht.
Markus’ Realitäts-Check
Sonntagsabends zwischen 23:00 und 03:00 Uhr vielleicht. Aber ich bin die letzten drei Wochen sehr viel nachts gefahren und selbst da ist das selten. Vor 25 Jahren vielleicht, aber heutzutage – keine Chance.
Denk ich auch. Dennoch: Beim Fahren über die Autobahn im Simulator kommt tatsächlich irgendwie das Gefühl auf, das man auch vom echten Autofahren kennt. Das liegt auch daran, dass sowohl Start- als auch Ziel-Stadt deutlich zu erkennen sind. Wer aus Hannover wegfährt, kommt am Rasthof Allertal vorbei und kann sich später auf die Kräne freuen, die sich am Hamburger Hafen in die Höhe strecken.
Spaß macht das allemal. Und dass der Simulator erstmal auf das ganze organisatorische Drumherum des Berufs verzichtet, kommt mir zumindest entgegen. Soweit ich weiß, wird das im Verlaufe des Spiels etwas mehr – wenn man dann sein eigenes, großes Truck-Imperium aufgebaut hat. Aber ich befinde mich noch ganz am Anfang. Und bevor ich nicht endgültig gelernt habe, fehlerfrei aus der Ausfahrt zu kommen, schaue ich erstmal besser nur auf meinen eigenen Wagen.

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