Steigende Spritpreise – wie wirkt sich das auf die Logistikbranche aus?

von | 8. Nov. 2021

Seit Januar 2021 steigen die Spritpreise rasant an. Alleine binnen der Jahresfrist ist der Dieselpreis um ca. 58 % gestiegen. Neben Privatpersonen, die mit ihrem PKW regelmäßig unterwegs sind, trifft das die Logistikbranche besonders hart.

Die Existenz vieler deutscher, mittelständischer Logistikunternehmen, die ihre gestiegenen Kosten nicht bedienen können, ist bedroht. Gerade Speditionsunternehmen betanken ihre LKW mit bis zu 1.500 Litern – je nach Größe und Fassungsvermögen des LKW. Logisch, dass die Spritpreise da besondere Aufmerksamkeit bekommen.

Wir sprechen mit unseren Unermüdlichen Markus und Helga über die aktuelle Situation und sind auf die Einblicke aus der Logistikbranche gespannt.

Speditionsunternehmen sind besorgt

Helga und Markus sind seit Jahren als Berufskraftfahrer unterwegs und wissen aus erster Hand, wie die Stimmung aktuell in der Logistikbranche ist. Aus diesem Grund frage ich die beiden, ob die steigenden Spritpreise sich schon in der Logistikbranche bemerkbar machen.

„Natürlich ist es für die Branche sehr schlecht. Für den Chef ist es auch sicher furchtbar, dennoch: Mich als Fahrerin betreffen die steigenden Spritpreise zum Glück nicht. Ich bezahle den Diesel nicht“, antwortet Helga.

Markus hat Ähnliches zu berichten. „Bei uns Berufskraftfahrern geht’s jetzt noch einigermaßen, aber die Mienen der Geschäftsführung werden ernster. Die Preise sind nach dem Dieselverbrauch ausgelegt und man kalkuliert zwar einen Puffer ein, aber nicht so einen großen“, erzählt Markus.

„Grundsätzlich versucht jeder Spediteur, die Leerkilometer so gering wie möglich zu halten. Da wird jetzt wahrscheinlich noch mehr drauf geachtet als vorher. Wir zum Beispiel haben in der Firma ein Lohnsystem mit Prämien und die bekommen wir ausgezahlt, wenn wir einen bestimmten Spritverbrauch halten oder unterschreiten“, erzählt Markus.

Sowohl Helga als auch Markus sind von den steigenden Spritpreisen im Beruf also zumindest nicht direkt betroffen. Auch privat hat Helga Glück: Sie wohnt fußläufig von ihrem Speditionsunternehmen entfernt.

Anders sieht’s bei Markus aus: „Hin und zurück zum Unternehmen sind es 50 Kilometer. Da überlege ich mehrfach, ob ich die Pause wirklich zuhause verbringe und hin und her fahre. Oder ich fahre über den Hof zum Tanken, um dann weiterzufahren. Wenn die Preise weiterhin steigen, dann werde ich wahrscheinlich in der Woche gar nicht mehr nach Hause fahren.“

Eins wird schnell klar: Von den steigenden Spritpreisen sind sowohl die Speditionen als auch Privatpersonen betroffen, die auf PKW angewiesen sind. Allerdings muss ich sofort an die vielen Tank-Apps denken, die günstige Tankstellen unterwegs anzeigen. Vielleicht nutzen die Berufskraftfahrer auch Tank-Apps?

Wo tanken Berufskraftfahrer?

Allzu oft muss Markus zum Glück nicht an die Zapfsäule: „Unsere Fahrzeuge haben große Tanks, sodass wir nur einmal in der Woche tanken. Sonntags oder freitags tanken wir für die Woche voll und meistens reicht das auch. Falls es unter der Woche nicht reicht, dann kommen wir am Hof vorbei und tanken am Standort wieder. Also, das Problem mit dem Auswärtstanken ist bei uns nicht so dramatisch“.

Auch Helga tankt am liebsten zuhause. „Ich fahre vom Norden in den Süden, einmal kreuz und einmal quer und habe keine Zeit, nach Tankstellen zu suchen. Es gibt keine konkreten Vorgaben. Wenn möglich, dann natürlich zuhause tanken. Wir sollen unterwegs nur an bekannten Tankstellen tanken. Wenn das eine ist, die keiner kennt, da kann es passieren, dass der Diesel schlecht ist. Und wenn das den Motor erwischt, dann kann es zu Motorstörungen kommen oder die Elektronik fängt an zu spinnen. Ansonsten: wo ich genau anhalte, ist egal, ich muss ja tanken, wo ich Diesel kriege.“

Sowohl Markus als auch Helga benutzen keine Tank-Apps und haben klare Vorgaben was das Tanken betrifft. Doch wie sieht es eigentlich mit Alternativen aus?

Alternativen zu Verbrennungsmotoren

Kommen vielleicht Alternativen infrage, um steigende Spritpreise zu umgehen? Dazu hat Markus eine klare Meinung: „Ein Elektromotor ist eigentlich am effektivsten – allein schon vom Wärmeverlust her, aber ich sehe da in den nächsten 10-15 Jahren keine Zukunft, weil wir mit dem Mehrgewicht, das durch die Batterie kommt, eher die Straßen kaputtfahren werden. Ich sehe die Zukunft eher in Brennstoffzellen oder Wasserstoff.“

Auch Helga hat Bedenken gegenüber elektrisch betriebenen LKW. „Na ja, das wird nur funktionieren, wenn man in der Stadt unterwegs ist. Im Fernverkehr wird das nicht funktionieren, vor allem hier in Norwegen.“ Da ist Helga gerade unterwegs – und sieht noch technische Hürden: „Wo im Winter Temperaturen von -24 Grad herrschen wird kein E-LKW anspringen. Die Müllabfuhr muss jeden Tag zuhause einfahren und kann dort laden, aber im Fernverkehr funktioniert das leider nicht.“

Auch wenn das ganze Thema rund um die steigenden Spritpreise verständlicherweise sehr negativ aufgefasst wird, interessiert mich die Antwort auf meine allerletzte Frage:

Gibt es Chancen oder Vorteile, die in der aktuellen Situation entstehen können?

Helga überlegt kurz: „Ich sehe es alles negativ. Wir sind von der Technologie her noch nicht so weit. Ich denke, dass wir bei den Verbrennungsmotoren bleiben und noch lange aufs Bezahlen der Spritpreise angewiesen sein werden. Letztendlich werden die hohen Spritpreise auf die Endverbraucher übertragen, da wird auch natürlich der Frachtpreis teurer und somit auch die Waren. Leider geht es nicht anders.“

Auch Markus ist sehr skeptisch: „Als Vorteile sehe ich, dass vielleicht manche Unternehmen ältere Fahrzeuge durch neuere, kraftstoffsparende LKW ersetzen werden, die dann weniger Diesel verbrauchen. Allerdings: wenn ich als Unternehmen aktuell 5-6 neue Fahrzeuge kaufen möchte, kann ich die nicht kurzfristig haben, weil die niemand ausliefern kann. Wenn man aktuell einen LKW bestellt, dann hat man den vielleicht in einem Jahr. Es ist aktuell ein Teufelskreis. Kurz gesagt: Wir müssen definitiv was tun.“

Eins ist klar – die steigenden Spritpreise bereiten vielen Menschen Sorgen. Jetzt seid ihr in unserer Umfrage dran! Wie seht ihr das Thema?

Fotonachweis: © Adobe Stock Lightspruch​ | Cédric TOSONI

Haben die steigenden Spritpreise Auswirkungen auf euch im Beruf?

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