Lenkzeiten

von | 23. Mai. 2019

Ein vieldiskutiertes Thema, das Zündstoff für Auseinandersetzungen und Streits bietet: Die Einhaltung der Lenkzeiten. Mich macht es da wirklich neugierig, was unsere erfahrenen Unermüdlichen in der Hinsicht empfinden. Helga und Markus touren beide quer durch die Weltgeschichte und kennen sich mit den aktuellen Bestimmungen zu Lenk- und Ruhezeiten richtig gut aus. Markus gab mir den Hinweis, dass viele Trucker und weitere Verkehrsteilnehmer aber überhaupt nicht genau wissen, welche gesetzlichen Regelungen gelten. Grund für mich, mein Wissen im Rahmen einer kleinen Recherche auf den aktuellen Stand zu bringen.

Wen betrifft die Regelung?

Fahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht ab 3,5 Tonnen oder mehr als neun Sitzplätzen (den Fahrer hier mit eingerechnet) haben sich an die Gesetze und Richtlinien der Sozialvorschriften zu halten. Kommt ein Fahrgespann aus Zugfahrzeug und Arbeitsmaschine auf ein zulässiges Gesamtgewicht von 2,8 Tonnen, ist es ebenfalls zur Einhaltung der Vorschriften verpflichtet. Auch wenn Kraftfahrzeuge mit einem Anhänger zwischen 2,8 und 3,5 Tonnen wiegen und zum Gütertransport bestimmt sind, muss sich der Fahrer an die Regelungen halten.

Ausnahmen bestätigen die Regel

Fahrzeuge, die in folgende Profile passen, sind von der Einhaltung vorgeschriebener Lenk- und Ruhezeiten befreit:

  • die zulässige Höchstgeschwindigkeit liegt unter 40 km/h
  • es dient zur Beförderung von Material, Maschinen oder Ausrüstung, die Fahrtstrecke liegt in einem Umkreis von höchstens 100 km und das Gesamtgewicht liegt unter 7,5 Tonnen
  • es ist zur Pannenhilfe innerhalb eines Umkreises von 100 Kilometern unterwegs
  • Wohnmobile
  • Montage- oder Reparaturfahrzeuge, die über eingebaute Werkbänke oder Regale verfügen
  • Busse, die sich innerhalb einer Linienstrecke von 50 Kilometern bewegen
  • Verkaufswagen wie Food Trucks, deren hauptsächlicher Zweck dem Verkauf dient, wobei das Fahren nicht die Haupttätigkeit darstellt
  • selbstfahrende Arbeitsmaschinen

Was zählt denn zu Lenkzeiten?

Zeit, die Du tatsächlich mit Fahrtätigkeiten verbringst, bezeichnet man als Lenkzeit. Allerdings fallen auch Standzeiten, die während der Fahrt zwangsläufig auftreten, darunter: Das Warten an Ampeln, Schranken, Kreuzungen und Grenzübergängen, aber auch in Staus. Treten aus anderen Gründen Fahrtunterbrechungen von mehr als 15 Minuten auf und wird der Fahrersitz verlassen, zählt das nicht mehr zur Lenkzeit.

Die Lenkzeit darf max. zweimal wöchentlich auf zehn Stunden ausgeweitet werden

Alles in Allem kommen wir auf eine täglich zugelassene Lenkzeit von neun Stunden, die zweimal wöchentlich auf zehn Stunden ausgeweitet werden darf. Dadurch entsteht eine maximale Wochenlenkzeit von 56 Stunden bzw. einer Gesamtlenkzeit von 90 Stunden innerhalb von zwei Wochen, was Markus als ziemlich großzügig bewertet, denn „welcher ,normale’ Arbeitnehmer darf schon in einer einzelnen Arbeitswoche 56 Stunden bzw. in einer Doppelwoche 90 Stunden arbeiten?“. Auch Helga ist zufrieden mit den aktuellen gesetzlichen Regelungen, die Lenk- und Ruhezeiten empfindet sie als angemessen. Auf meine Nachfrage, ob sich Markus’ Empfinden nach Lenk- und Ruhezeiten flexibler gestalten lassen sollten, holt er mich dankbarerweise in meinem Wunschdenken zurück auf den Teppich: Die korrekte Umsetzung bei längeren Touren wäre da nämlich gefährdet, denn wie sollten Lade- und Entladetermine verbindlich eingehalten werden? Ohne strukturierte Planung läuft da nichts. Stimmt. Das ist ja jetzt unter Beachtung der gesetzlichen Vorschriften schon nicht so einfach.
Und was sind Fahrtunterberechnungen?

Klingt erst einmal ganz simpel: wird nicht gefahren, handelt es sich um eine Fahrtunterbrechung. Verbringst Du Zeit auf dem Beifahrersitz, zählt das ebenso zur Fahrtunterbrechung wie das Warten während des Ein- und Ausladens. Steht das Fahrzeug still auf einer Fähre oder einem Zug, wird die Zeit als Fahrtunterbrechung gewertet.

Fahrtunterbrechung von mindestens 45 Minuten

Länger als viereinhalb Stunden darf nicht am Stück gefahren werden. Spätestens nach Erreichen dieses Lenkabschnitts musst Du verpflichtend eine Fahrtunterbrechung von mindestens 45 Minuten absolvieren. Wenn Du möchtest, kannst Du das auch schon vor Erreichen der viereinhalb Stunden tun, dann kannst Du die Unterbrechung sogar auf erst mindestens 15 Minuten und dann mindestens 30 Minuten aufteilen. Allerdings wird nach einer jeden Vollendung von 45 Minuten Fahrtunterbrechung mit Wiederaufnahme der Fahrtätigkeit „bei null angefangen“, sodass wieder höchstens viereinhalb Stunden gefahren werden darf, bevor erneut eine Lenkzeitunterbrechung fällig wird.

Ruhezeiten dienen der Erholung

Mindestens elf Stunden des Tages müssen zwingend der Erholung dienen. Ja, ein Zwang, ungezwungen dem nachzugehen, wonach Dir gerade der Sinn steht, ohne Arbeitstätigkeiten auszuführen. Schlafen, Fernsehen, Essen, Joggen, Radeln, … Wenn Dir eine so lange Pause zu viel ist, darfst Du sie dreimal wöchentlich auch in zunächst mindestens drei Stunden und später in mindestens neun Stunden aufteilen. Wie Du merkst, erhöht sich die vorgeschriebene Ruhezeit dann allerdings auf mindestens zwölf Stunden, das könnte mit mancher Terminsetzung unter Umständen in Konflikt geraten.

Tägliche und wöchentliche Ruhezeit

Neben der täglichen Ruhezeit müssen wir auch die wöchentliche Ruhezeit von 45 Stunden beachten. Wird diese in der ersten Woche eingehalten, darf man die darauffolgende auf 24 Stunden verkürzen, wenn man die „restlichen“ 21 Stunden in der dritten Woche nachholt. Bitte beachte dabei, die 21-stündige Ruhezeit unbedingt im Anschluss an neun Stunden Ruhezeit zu legen, denn in der Praxis ist es so, dass man in diesem Fall auf minimal 30 Stunden kommen muss, ansonsten wird die Aufteilung auf die drei Wochen nicht anerkannt.

Ein kleiner Spickzettel
Maximale tägliche Tageslenkzeit: 9 Stunden
Maximal zweimal wöchentlich: 10 Stunden
Maximale Wochenlenkzeit: 56 Stunden
Maximale Gesamtlenkzeit über zwei Wochen: 90 Stunden

Verstöße sind ein teurer Spaß

Wirft man einen Blick in den Bußgeldkatalog, wird einem schlagartig ganz anders. Fahrer und Fahrzeughalter bzw. Unternehmer (z.B. die Spedition, bei der der Fahrer angestellt ist) müssen im Fall eines Verstoßes beide in die Tasche greifen. Von Unternehmerseite muss ein dreimal so hohes Bußgeld gezahlt werden wie das des Fahrers. Wer die nackten Zahlen im Detail sehen möchte, kann hier gern nachlesen.

Zu Verstößen kommt es aber leichter, als es sich so manch Unbeteiligter vorstellen kann: Markus berichtet von verstopften Autobahnen und Staus durch Baustellen und Unfälle, die Fahrer oder Mitarbeiter der Disposition in den meisten Fällen weder voraussehen noch einkalkulieren können. Als Fahrer steckst Du in der Klemme – Dein Termindruck zwingt Dich letztendlich zur Überschreitung der Lenkzeit, um den Auftrag fristgerecht zu erfüllen.

Mehr Rücksicht für LKW-Fahrer

Auch das Miteinander auf den Autobahnen stellt in Markus’ Augen ein großes Problem dar. Im Gegensatz zu vielen Autofahrern seien LKW-Fahrer dort eher selten privat unterwegs. Als Privatfahrer könnte man eher mal auf Bus oder Bahn umsteigen als ein LKW mit Fracht. Recht hat er. Sein Traum wäre es, einmal vier Wochen lang auf dreispurigen Autobahnen zwei Fahrspuren für den LKW-Verkehr nutzen zu können. Damit würde sich der Durchfluss für LKW auf Autobahnen verdoppeln. Außerdem wünscht er sich, dass den Betreibern von Industriegebieten die Bereitstellung von LKW-Parkplätzen in Abhängigkeit ihrer Größe verpflichtend auferlegt wird, da es besonders abends nach 17.00 Uhr schwierig sei, auf Rastanlagen noch freie Parkplätze zu bekommen.

Unsere Helga lässt sich ungern von Druck verrückt machen, denn „morgen ist ja auch noch ein Tag.“ Sie folgt ihrer treuen Devise „Früh genug starten, um zeitgerecht anzukommen“.

Quellen:
Bundesamt für Güterverkehr
Bußgeld-Info

Fotonachweis: © Adobe Stock / benjaminnolte © Adobe Stock / bernardbodo

Hast Du jetzt den vollen Durchblick?

5 Kommentare

  1. Leute hört auf über Lenk und Ruhezeiten zu schreiben wenn ihr überhaupt keine Ahnung von sowas habt. Es ist schon sehr gefährlich die Kollegen mit solchen Halbwissen zu verunsichern.
    Seit September 2006 ist der §21a im Arbeitszeitgesetz verankert. Eure Beschreibung von Lenk und Ruhezeiten trifft nur noch auf Kollegen zu die morgens beladen los fahren und dann die 9 bzw. 10 Stunden durchziehen können.
    Die tägliche Arbeitszeit darf im Durchschnitt nicht mehr als 8 Stunden betragen mit Überstunden 10. Diese Überstunden müssen dann aber auch nach spätestens 16 Wochen wieder ausgeglichen werden.

    https://www.gesetze-im-internet.de/arbzg/__21a.html

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    • Lieber Micha,

      vielen Dank für Deinen Kommentar. Wir freuen uns über Deine Anmerkungen, denn unser Blog lebt vom Austausch untereinander.

      Wir nehmen Deine Aussage sehr ernst, weshalb wir sie zum Anlass genommen haben, die aktuell geltenden Regeln und Gesetze erneut zu überprüfen.

      Dein Link führt zu § 3 Arbeitszeitgesetz (ArbZG); Arbeitszeit der Arbeitnehmer in Deutschland: „Die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden.“ Da hast Du vollkommen Recht; dies trifft auf jeden volljährigen Arbeitnehmer in Deutschland zu. Darüber hinaus gelten für LKW-Fahrer jene im Blogpost erwähnten weiteren Bestimmungen.

      Wir sind uns darüber bewusst, dass im Hinblick auf die Lenk- und Ruhezeiten leider viel Verwirrung herrscht. Dies ist der Grund, der uns zur Recherche und zum Schreiben des Posts bewogen hat. Die Angaben zu den geltenden gesetzlichen Bestimmungen auf der Website des Bundesamts für Güterverkehr haben wir dabei als Quelle und Grundlage genutzt.

      Im Detail lassen sich diese gesetzlichen Bestimmungen unter dem folgenden Link auf der Website des Bundesamts für Güterverkehr nachlesen:

      https://www.bag.bund.de/DE/Service/FAQs/FAQUnterthemen/Fahrpersonalrecht_faq_node.html

      Die Quellenangaben zu unserem Beitrag haben wir ergänzt. Diese Quellen stufen wir als offizielle Angaben des Bundesamts als zuverlässig ein, beschwören jedoch nicht, dass es nicht noch weitere gesetzliche Bestimmungen gibt und sind daher offen für und neugierig auf Deine ergänzenden Quellen. Haben wir im Rahmen unserer Recherche etwas Wichtiges übersehen? Wir freuen uns auf Deine Unterstützung.

      Da wir immer bereit und vor allem auch neugierig auf die Sichtweisen unserer Leserinnen und Leser sind, freuen wir uns über Nachricht von Dir. Erzähle uns gerne von Deiner persönlichen Erfahrung bezüglich der Lenk- und Ruhezeiten. Wenn Du magst, gerne auch über einen direkten Nachrichtenaustausch über unser Kontaktformular.

      Darüber hinaus laden wir Dich herzlich ein, Deine eigenen Perspektiven und Standpunkte in einem eigenen Blogbeitrag darzustellen, denn wir brauchen engagierte Menschen wie Dich! Hast Du Lust mitzumachen?

      Ein schönes Wochenende und eine tolle Zeit,

      Dein UNERMÜDLICH-Redaktionsteam

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  2. Oh bitte, schreibt nicht ihr hättet recherchiert, wenn ihr so ein halvwissen hier verbreitet! Ladetätigkeiten sind Fahrzeit? Ähm nö! Ladetätigkeiten sind eine Fahrtunterbrechung, allerdings muss das Kontrollgerät auf Arbeitszeit gestellt werden!
    Wartezeiten sind ebenfalls keine Pause, da muss das Kontrollgerät auf Bereitschaft stehen! Also wenn ihr euch schon eines Themas annehmt von dem ihr ganz offensichtlich keine Ahnung habt, recherchiert doch bitte richtig!

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    • Lieber Jupp,

      wir danken Dir herzlich für Deinen Kommentar. Wir sind uns bewusst darüber, dass rund um dieses Thema leider viel Verwirrung herrscht. Daher freuen wir uns über einen regen Austausch. Die Angaben zu den geltenden gesetzlichen Bestimmungen auf der Website des Bundesamts für Güterverkehr haben wir als Quelle und Grundlage unseres Blogposts genutzt.

      Im Detail lassen sich diese gesetzlichen Bestimmungen unter dem folgenden Link auf der Website des Bundesamts für Güterverkehr nachlesen: https://www.bag.bund.de/DE/Service/FAQs/FAQUnterthemen/Fahrpersonalrecht_faq_node.html

      Dass Verladetätigkeiten zur Lenkzeit gehören, haben wir hier tatsächlich falsch bezeichnet. Aus diesem Grund haben wir unseren Beitrag nun entsprechend angepasst. Sollten wir darüber hinaus etwas übersehen haben, melde Dich bitte gerne bei uns, wir freuen uns auf Deine Hilfe. Denn dieser Blog lebt vom Austausch untereinander, wir brauchen aktive Leute wie Dich!

      Einen guten Wochenstart und viele Grüße,
      Dein UNERMÜDLICH-Redaktionsteam

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  3. Sehr geehrtes Redaktionsteam, mitlesende Fahrpraktiker, mit dem 2006 eingeführten digitalen Tachographen begann die totale Überwachung und zwar durch die Verknüpfung der technischen Aufzeichnungen des Fahrzeugs
    mit der persönlichen Fahrerkarte des Nutzfahrzeuglenkers.
    Hiermit könnte bei einer Straßenkontrolle bei einem mit einem Fahrer besetzten Fahrzeug davon ausgegangen werden das dieser vom letzten technisch aufgezeichneten Halt bis zur Kontrolle den Lkw gelenkt hat.
    Alle anderen Rückschlüsse auf Verhaltensweise und Gesetzestreue des Kontrollierten werden behördlicherseits unbeweisbar in die Aufzeichnungen des Fahrzeugs hineininterpretiert.
    Leugnet der Fahrer das Fahrzeug vor dem letzten Stop geführt zu haben liegt die Beweislast wohl eindeutig beim Ankläger.Es grüßt ein immer noch leidenschaftlicher Lastwagenfahrer Adam Maryniak

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